BDSM ist ein Sammelbegriff für sexuelle Praktiken, die auf einem einvernehmlichen Machtgefälle basieren. Dazu gehören unter anderem Bondage, Disziplin, Dominanz und Submission sowie Sadomasochismus. Folglich setzt sich der Begriff aus den Anfangsbuchstaben von Bondage & Discipline, Dominance & Submission und Sadism & Masochism zusammen. BDSM kann in sehr unterschiedlichen Formen praktiziert werden – von sanften Rollenspielen bis hin zu intensiven Szenarien mit klar definierten Rollen, Regeln und Grenzen. Zentrale Elemente dabei sind Konsens, Sicherheit und Vertrauen.
Warum empfinden Menschen BDSM als lustvoll?
Bereits diese Frage wird auf ganz unterschiedliche Arten beantwortet. Denn wie die Wortdefinition erkennen lässt, geht es um Dominanz und Unterwerfung und / oder um die aktive oder passive Lust am Schmerz. Einige BDSMler ziehen ihren Lustgewinn bereits aus einem Machtgefälle zwischen den Partnern, für andere geht es allein um das Zufügen oder das Erleben körperlicher Schmerzen. Auch die nicht körperliche
Erniedrigung (Demütigung, Beleidigung o. Ä.) kann als schmerzhaft und daher im BDSM-Kontext als lustvoll empfunden werden. In vielen Fällen kommen diese verschiedenen Facetten zusammen und ergänzen einander. Dies ist aber keine zwingende Bedingung.
BDSM-Rollen und Konstellationen: Dominant, Devot & Co.
Im BDSM treten häufig zwei zentrale Rollen auf: der submissive und der die Szenerie leitende, „
dominante“ Part. Während einer BDSM-Session überlässt der submissive Part dem dominanten die Regie und gibt so seine Selbstbestimmung ganz oder teilweise ab. Der dominante Part kann sein Gegenüber
- fesseln,
- knebeln,
- spanken
- oder zu oraler, analer oder vaginaler Penetration anleiten.
Um nur einige Beispiele zu nennen. Gleichzeitig muss man sich aber auch dessen bewusst sein, dass jeder submissive Bottom automatisch auch devot im klassischen Sinn sein muss. Manche Bottoms übernehmen lediglich eine passive Rolle bei bestimmten Praktiken, ohne sich dabei generell
devot zu fühlen oder eine dauerhafte Unterwerfungsrolle anzunehmen.
Und was zeigt schon allein dieser Umstand? Dass das Spektrum an möglichen Praktiken und Rollenkonstellationen im BDSM sehr vielfältig ist. Grundsätzlich basiert jede BDSM-Session auf grundlegenden Sicherheitsprinzipien wie „SCC“ (Safe, Sane & Consensual) – also sicher, mit klarem Verstand und einvernehmlich. Daneben existieren weitere Konzepte wie RACK (Risk-Aware Consensual Kink), Metakonsens und CNC (Consensual Non-Consent), die unterschiedliche Aspekte von Einverständnis und Risiko im BDSM beleuchten.
Aber: Das Machtgefälle zwischen Dominantem und Devotem ist keine zwingende Voraussetzung für BDSM.
In einigen Konstellationen liegt der Fokus vielmehr auf der Lust an körperlichem Schmerz (siehe auch
Sadismus und
Masochismus). Zwar gibt es häufig eine aktive und eine passive Rolle, doch oft spielen beide Partner auf Augenhöhe. Es ist sogar möglich, dass der masochistische Part zugleich die dominante Rolle übernimmt und die Session steuert.
Viele Sadomasochisten legen in diesem Zusammenhang denn auch keinen Wert darauf, ihr Gegenüber zu „erziehen“ oder klare Rollenvorgaben durchzusetzen. Und warum auch nicht? Schließlich ist
BDSM keine festgelegte „Schwarze Bibel“ mit starren Regeln oder Rollenverteilungen. Vielmehr ist das Spektrum an
Praktiken und Vorlieben breit gefächert, und jede individuelle Ausprägung hat ihre Daseinsberechtigung. Hier einige Beispiele dazu:
Paar |
Fokus-Aspekt |
|
|
Brat und Tamer |
Rollenspiel, Herausforderung und Kontrolle |
Degrader und Degradee |
Erniedrigung und Demütigung |
Caregiver und Little |
Fürsorge und Schutz |
Herrin / Herr und Servant |
Dominanz und Dienstbarkeit |
Rigger und Rope-Model |
Bondage |
Aber zur Sicherheit noch einmal: Wenngleich es vielfach beschworen wird, gibt es aber keine schwarze Bibel des BDSM, die die Rollenverteilungen und die damit verbundenen Vorstellungen verbindlich für alle festlegt. Vielmehr ist das Spektrum groß und jeder Wunsch hat seine Daseinsberechtigung. Man muss lediglich das passende Gegenüber finden. Das kann jedoch eventuell etwas dauern. Umso wichtiger ist eine klare, ehrliche Kommunikation.
BDSM-Accessoires und Spielzeuge: Must-haves für Einsteiger und Profis
Typische Accessoires und Hilfsmittel im BDSM reichen von klassischen Schlaginstrumenten wie
Rohrstöcken, Reitgerten oder Peitschen bis zu Fesselmaterialien wie Seilen oder Handschellen. Letztere gelten zwar als ikonisch, werden innerhalb der Szene jedoch teils mit einem Augenzwinkern betrachtet. Schlicht, weil das Repertoire an BDSM-Utensilien heute weit über diese Grundlagen hinausgeht.
Man merkt also: Das Spektrum typischer BDSM-Toys ist enorm und wächst kontinuierlich. Selbst erfahrene BDSM-Praktizierende stoßen regelmäßig auf neue Gegenstände, mit denen sich das eigene Spiel individuell erweitern lässt.
Besondere Bedeutung kommt dabei speziell entwickelten BDSM-Möbeln zu – etwa dem Andreaskreuz, dem Strafbock oder dem Sklavenstuhl. Sie bieten gezielte Fixiermöglichkeiten und können je nach Spielsituation unterschiedlich intensiv genutzt werden (siehe
BDSM-Möbel: Die perfekte Einrichtung für schmerzhafte Ekstase).
Überdies dienen Accessoires zur
Markierung oder zur symbolischen Bindung oft nicht nur der Funktion, sondern auch der Sichtbarkeit einer bestimmten Rolle. Besonders verbreitet sind:
- Halsbänder
- Finger- oder Ohrringe
- Gürtel
- spezielle Kleidungsstücke, etwa das Kleid der O
Diese Objekte ermöglichen einen schnellen „Zugriff“, markieren Zugehörigkeit oder Unterwerfung und können auch außerhalb einer Session eine dauerhafte Bedeutung tragen. Aber auch Accessoires aus dem Bereich des
Kliniksex – etwa medizinische Instrumente, Klemmen oder Latexhandschuhe – können zum Einsatz kommen. Man sieht also, das geht so einiges … aber alles bitte nur unter der Prämisse Safety First!
BDSM sicher praktizieren: Konsens, Verantwortung & Aftercare
Sicherheit ist im BDSM essenziell – nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Während viele Praktiken bewusst mit Schmerz, Kontrolle oder Grenzüberschreitung arbeiten, beruhen alle Handlungen im Kern auf gegenseitigem Einverständnis, Achtsamkeit und klaren Absprachen. Als grundlegende Sicherheitskonzepte beim BDSM gelten daher unter anderem:
- SSC (Safe, Sane & Consensual): Jede Handlung soll sicher, mit klarem Verstand und im gegenseitigen Einverständnis erfolgen.
- RACK (Risk-Aware Consensual Kink): Betont die bewusste Auseinandersetzung mit Risiken – auf Basis informierter Zustimmung.
- Metakonsens: Eine vertiefte Form der Einwilligung, die auch emotionale Dynamiken berücksichtigt.
- CNC (Consensual Non-Consent): Einvernehmlich vereinbarte Szenarien, in denen scheinbar „nicht einvernehmliches“ Handeln stattfindet.
- Aftercare: Die emotionale und körperliche Nachsorge nach einer Session, um das Erlebte gemeinsam zu verarbeiten.
Diese Prinzipien sorgen dafür, dass BDSM nicht auf reiner Grenzüberschreitung basiert, sondern auf Vertrauen, Respekt und Verantwortung. Denn besonders bei intensiven Rollenspielen ist es wichtig, persönliche Grenzen nicht nur zu kennen, sondern sie auch zu benennen und zu schützen.
Ist harte Erotik pervers? Mythen, Fakten & gesellschaftliche Sichtweisen
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten.
Grundsätzlich gilt: Was einvernehmlich geschieht, keine bleibenden Schäden hinterlässt und Unbeteiligte nicht beeinträchtigt, ist nicht per se eine Perversion nach der gängigen Definition.
Gesellschaftlich ist ein Wandel erkennbar, denn noch vor wenigen Jahrzehnten galt S/M für die meisten Menschen als anrüchig und damit als großes Tabu.
Mittlerweile sind die meisten Menschen aufgeklärter und blicken mit weniger Argwohn auf das Thema BDSM. Das erklärt auch die hohe Nachfrage nach entsprechenden
Sextoys und den Erfolg der Reihe
50 Shades of Grey. Immer mehr Menschen wagen es daher, auch in der Familie und im Freundeskreis über die Thematik zu sprechen. Und 50 SoG ist bei Weitem nicht die einzige
BDSM Geschichte. Hier eine kleine Auswahl:
- Die 120 Tage von Sodom oder Die Schule der Ausschweifung (1785)
- Justine oder das Unglück der Tugend (1787)
- Die Philosophie im Boudoir (1795)
- Juliette oder die Vorteile des Lasters (1796/97)
Leopold von Sacher-Masoch |
St. George H. Stock |
Algernon Charles Swinburne |
Venus im Pelz (1870) |
The Romance of Chatisement (1866) |
The Whippingham Papers (1888) |
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Anne Desclos (Pseudonyme Dominique Aury und Pauline Réage) |
Elizabeth McNeill |
Terence Sellers |
Histoire d’O (Die Geschichte der O) (1954) und Rückkehr nach Roissy (1969) |
9 1/2 Wochen. Erinnerungen an eine Liebesaffäre (1978) |
The Correct Sadist: The Memoirs of Angel Stern (1983) |
Wer praktiziert BDSM? Verbreitung, Profile & Hintergründe
BDSM wird längst nicht mehr ausschließlich mit professionellen Dominas, Callboys oder pornografischen Inhalten (Stichwort
BDSM Porn) assoziiert. Obwohl es keine verbindlichen Statistiken gibt, zeigen Umfragen und Verkaufszahlen von BDSM-Sexspielzeug eindeutig:
BDSM ist in vielen deutschen Schlafzimmern angekommen.
Ob dominante Rollen, devote Spielarten oder sadomasochistische Praktiken – Menschen aller Geschlechter und Altersgruppen entdecken
BDSM als Teil ihrer sexuellen Identität oder als Mittel zur Luststeigerung. Parallel dazu floriert die professionelle Szene weiter.
Dominas, dominante Männer sowie
devote Escort-Dienstleisterinnen und -Dienstleister bieten BDSM-Erlebnisse in Studios, Clubs, Appartements, oder bei Hausbesuchen an. Der Markt ist also vielfältig und spiegelt das breite Interesse an BDSM-Erfahrungen wider – sowohl im privaten als auch im professionellen Bereich. Man denke etwa an
BDSM Urlaub in Spanien und the BDSM Mansion ...
BDSM vs. Fetischismus: wichtige Unterschiede erklärt
BDSM und Fetischismus werden häufig verwechselt, doch sie sind nicht gleichzusetzen. Zwar gibt es viele Überschneidungen – beispielsweise in der Vorliebe für Materialien wie
Leder, Latex, Lack oder Edelstahl /
Metall – doch handelt es sich um zwei unterschiedliche Konzepte.
- Ein Fetisch bezieht sich auf eine starke sexuelle Fixierung auf bestimmte Objekte, Materialien oder Körperteile.
- Im Gegensatz dazu steht bei BDSM das Spiel mit Macht, Kontrolle, Dominanz und Unterwerfung im Mittelpunkt.
Somit gibt es viele Fetischisten, die kein Interesse an BDSM-Praktiken haben – und ebenso viele BDSM-Anhänger, die keinerlei
Materialfetisch entwickeln. Wer BDSM praktiziert, muss also nicht zwangsläufig auch Fetisch sein – und umgekehrt.