Die Bezeichnung „Brat“ steht im Englischen für ein freches, verzogenes Kind – eine „Göre“. „Tamer“ bedeutet übersetzt „Bändiger“. Es geht also um die Dynamik zwischen einer unterwürfigen, aber keineswegs vollständig devoten Person. Diese fordert jemanden heraus, von dem sie Strenge, klare Regeln und auch Bestrafung erwartet.
Wofür stehen die Begriffe „Brat“ und „Tamer“?
Brats – egal ob männlich, weiblich oder divers – sind häufig Bottoms, die jedoch nicht vollkommen devot sind. Sie finden es spannend, ihre Doms (also ihre Tamer) herauszufordern und auszuloten, wo die Grenzen in ihrer Beziehung liegen – und ob sich diese vielleicht noch verschieben lassen.
Brats können in verschiedenen Kontexten auftreten: etwa als Littles oder Middles im Caregiver-Little-Play (CGL), als Pets im
Petplay oder als Bottoms im traditionellen D/s-Zusammenhang. Sie wünschen sich Konsequenzen für ihr freches Verhalten, das zum Beispiel Folgendes beinhalten kann:
- provozierende Kommentare,
- herausfordernde Blicke,
- Gesten wie das Herausstrecken der Zunge oder Augenrollen,
- oder das absichtliche Brechen von Regeln (z. B. nicht aufräumen, obwohl es erwartet wird).
Dabei ist es ihnen wichtig, dass diese Verhaltensweisen nicht ignoriert werden, sondern Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Dom, der ihre „Spielchen“ einfach übersieht oder nicht reagiert, wirkt für sie wenig reizvoll.
Der Tamer hingegen übernimmt die entgegengesetzte Rolle. Er ist die Person, die den Brat in die Schranken weist. Und zwar so, dass zumindest für eine gewisse Zeit Respekt und Gehorsam entstehen. Das gelingt durch physische und psychische Maßnahmen, zum Beispiel:
- das Setzen von Grenzen,
- Erniedrigungen und Degradierungen,
- Spanking, Tunnel-Plays, Bondage,
- oder andere Disziplinarmaßnahmen, die dem*der Brat Freude machen oder auch nicht.
Wichtig ist, dass ein Tamer viel Geduld, Humor und Durchsetzungsvermögen mitbringt. Er kennt die richtige Balance aus Härte und Gelassenheit. Außerdem erkennt er, wann und wie der Brat versucht, ihn zu manipulieren. Disziplin und Verspieltheit sollten somit Hand in Hand gehen, damit die kreativen „Wahnsinnsideen“ des Brats aufgenommen und geschickt gelenkt werden.
Was ist der Reiz am Miteinander von Brat und Tamer?
Brats testen ihre Beziehungen gern – mal mehr, mal weniger. Sie möchten herausfinden, wie sicher, aufmerksam und liebevoll-konsequent ihr Gegenüber auch dann bleibt, wenn sie es herausfordern. Das ist eine individuelle Form der Wertschätzung und ermöglicht es, Aggressionen kontrolliert und spielerisch auszuleben und abzubauen. Zudem bietet sich oft die Option,
sadomasochistische Fantasien zu verwirklichen.
Für Tamer sind die Sessions mit einem Brat eine spannende Herausforderung, die Aufmerksamkeit und Verantwortung verlangt. Sie genießen es, für jemanden zu sorgen und ihn teilweise zu erziehen. Dabei bestätigt sich ihre eigene Dominanz – besonders, wenn sie mit einer so „wilden Hummel“ umgehen können. Wesentlich ist ihnen, dass die Verspieltheit nicht zu kurz kommt und ihr Gegenüber nicht zu devot-submissiv ist. Denn sie suchen den (Fast-)Augenhöhe-Konflikt.
Welche Doms und Subs passen zu Brat und Tamer?
Brat und Tamer fühlen sich meist am wohlsten mit ihrem jeweiligen Gegenstück. Das liegt daran, dass der andere genau die Eigenschaften mitbringt, die sie brauchen: etwa Aufsässigkeit einerseits, Geduld und Schlagfertigkeit andererseits. Der Versuch eines „Topping from the Bottom“ ist für sie kein No-Go, sondern ein Must-have. Sehr devote oder empfindliche Subs und Doms, die großen Wert auf strenge Disziplin und Respekt legen, kommen mit Brats und Tamern daher oft weniger gut zurecht.
Wie funktioniert die beziehungseigene Dynamik?
Im Mittelpunkt der Beziehung zwischen Brat und Tamer steht ein Machtkampf. Der Brat versucht, dem Tamer die Führung streitig zu machen – entweder offen und spielerisch oder durch kleine bis größere manipulative Aktionen. Wird das bemerkt, folgt eine Maßregelung. Diese kann körperlich oder psychisch sein, zum Beispiel Züchtigungen oder andere Sanktionen. Viele Brats legen Wert darauf, dass ihr Tamer letztlich überlegen bleibt und sie mit seiner
Autorität beeindruckt. Doch diesen Respekt muss er sich erst verdienen – er wird nicht einfach so gewährt.
Insofern ist das Einführen von Hard und Softs Limits, also eines klaren Spielrahmens, hilfreich. Verstöße gegen harte Regeln werden ernsthaft bestraft, um eine echte Verhaltensänderung zu erreichen. Weiche Regeln hingegen laden eher zu spielerischen Herausforderungen ein. Die Konsequenzen dafür legt der Tamer fest. Ein starr festgelegtes Drehbuch gibt es nicht, denn das Spiel lebt vom Überraschungsmoment und der kommunikativen Dynamik.
Worauf muss man bei dieser D/s-Konstellation achten?
Wie in anderen BDSM-Zusammenhängen gilt es auch beim Brat Play, die jeweiligen Grenzen und Faibles klar zu benennen und bei Bedarf zu aktualisieren. Man denke also wieder an SSC (safe, sane, consentual). In diesem Zusammenhang lässt sich auch klären, ob Sex prinzipiell gewünscht oder in den Momenten der Sessions keinen Platz finden wird. Ebenso lohnt es sich, ein
Safeword zu vereinbaren und genau zu definieren, was als ernst zu nehmende Beleidigung / Erniedrigung körperlicher wie seelischer Art gewertet wird. So kommen darüber keine Missverständnisse zustande.
Und nicht zuletzt sollte man noch bedenken, dass ein Brat immer ein Brat ist und bleibt, also keine vollständige und dauerhafte
Disziplin von ihm zu erwarten ist. Aber genau das macht ja den Reiz für den Tamer aus. Ebenso, wie dass er es immer wieder schaffen muss, die Grenzen des Brats nicht in einem Zustand des übermäßigen Genervt-Seins zu überschreiten.
Besonders interessant: Das Brat-Sein hat es über das Brat Green bis in die (unerotische) Gesellschaft geschafft ...
Denn Brat-Sein ist sexy; nicht nur im Schlafzimmer. Auch außerhalb der Spielwiese sind Brats momentan beliebt. Seit dem knallgrünen Album „Brat“ von Charli XCX ist aus der lockeren Lebenseinstellung und dem erlaubten Chaos ein wahrer Trend geworden. So sehr, dass selbst Kamala Harris eine Wahlkampf-Kampagne in „Brat Green“ gestartet hat und sich auf Social-Media als bratty darstellt.
Junge Frauen (und auch Männer) stylen sich passend dazu in weiten Hosen und verzichten (sofern es sie betrifft) sogar gern mal auf den BH. Und selbst aus ihrem Spaß an Alkohol und Zigaretten machen sie kein Geheimnis.
Brat Green ist somit das genaue Gegenteil vom gewissermaßen cleanen Barbie Pink und scheint die freche Farbe des Sommers 2024 zu werden.