Wenn toxische Dynamiken im BDSM zur Sprache kommen, stehen oft sogenannte „Dummdoms“ im Fokus – dominante Partner, die ihre Macht missbrauchen oder Verantwortung verweigern. Doch auch Bottoms können durch toxisches Verhalten BDSM-Beziehungen erheblich gefährden. Die Red Flags auf Bottom-Seite reichen von offener Manipulation über egozentrische Forderungen bis zum bewussten Ignorieren gemeinsamer Absprachen. In solchen Fällen sind selbst erfahrene Tops gezwungen, die Reißleine zu ziehen – sei es zum Schutz der eigenen emotionalen Gesundheit oder zur Wahrung einer sicheren Spielumgebung. Die gute Nachricht: Viele dieser Probleme lassen sich vermeiden oder klären, etwa durch klare Kommunikation, gemeinsame Reflexion und – wenn nötig – professionelle Moderation.
Der Bottom im BDSM: zwischen Idealbild und toxischem Verhalten
Im BDSM-Kontext wird der Bottom häufig als das „kleine, unschuldige Wesen“ idealisiert – ein passiver, hingebungsvoller Part, der sich vertrauensvoll in die Hände des dominanten Gegenübers begibt. Doch diese romantisierte Vorstellung entspricht nicht immer der Realität.
Tatsächlich berichten viele Doms, Sadisten und Rigger davon, dass toxisches Bottom-Verhalten innerhalb von BDSM-Beziehungen keine Seltenheit ist. Dabei spielt es kaum eine Rolle, welche Art von Bottom-Rolle eingenommen wird – ob
- klassische submissive Partner (Subs),
- Brats,
- Masochisten,
- Bunnys
- oder rollenspezifische Servants –
alle können eine gesunde Machtbalance durch falsche Verhaltensweisen ins Wanken bringen.
Diese toxischen Dynamiken äußern sich zum Beispiel in respektlosen Kommentaren, subtiler Manipulation oder dem aggressiven Einfordern einer Umsetzung von persönlichen Fantasien. Rücksicht auf das Gegenüber oder auf abgesprochene Grenzen sucht man leider zu häufig vergebens.
Angesichts dieser Problematik ist überraschend, dass es für solche Verhaltensweisen bislang keinen etablierten Gegenbegriff zum sogenannten „
Dummdom“ gibt. Dabei kann gerade toxisches Verhalten auf Bottom-Seite eine BDSM-Beziehung ebenso beschädigen wie respektlose Dominanz.
Wann Tops eine BDSM-Beziehung mit Bottoms unterbrechen sollten
In keiner zwischenmenschlichen Beziehung herrscht immer nur reiner Sonnenschein – und auch eine
BDSM-Liaison stellt dabei keine Ausnahme dar. Wie bereits in anderen Artikeln thematisiert, kommt es daher auch in BDSM-Beziehungen darauf an, dass sich beide Seiten in der sich weiterentwickelnden Dynamik zwischen Top und Bottom gut wiederfinden - sas natürlich auch
ein konstruktives, konsensbasiertes Miteinander voraussetzt.
Hat ein Top es jedoch mit einem zu bestimmten, toxischen Verhaltensmustern neigenden Bottom zu tun, sollte er hellhörig werden:
Unaufrichtigkeit |
Ingnorieren von Angaben des anderen |
totale Abgabe der Verantwortung |
Fehlen von Limits |
permanentes Fordern ohne Gegenleistung |
Erfinden von Ausreden |
dauerhafte Verweigerung |
BDSM als Mittel zur ‚Selbsttherapie‘, Top als Mittel zum Zweck |
Denn letztlich können solche Dynamiken nicht nur beim
Tease and Denial dazu führen, dass ein Top nicht mehr den Handlungsspielraum nutzen kann, der eigentlich einvernehmlich besprochen wurde. Einseitig gebrochene Absprachen oder inkonsequentes Verhalten auf Bottom-Seite verunsichern nicht nur, sondern führen zu einem Gefühl der Unzuverlässigkeit – und nicht selten auch zu dem Eindruck, benutzt oder nicht respektiert zu werden.
Nicht zu vergessen: Eine Beziehung leidet oft erheblich, wenn einem Part unausgesprochen Verantwortung aufgebürdet wird, die dieser vielleicht gar nicht tragen will oder kann. Besonders kritisch wird es, wenn körperliche oder psychische Einschränkungen verschwiegen werden – was bei einvernehmlich geplanten Schlagspielen,
Atemkontrolltechniken oder Erniedrigungsszenarien fatale Folgen haben kann. In solchen Fällen ist es selbst bei besten Absichten möglich, dass der Top eine Situation völlig falsch einschätzt – mit allen Risiken für Vertrauen, Sicherheit und emotionale Stabilität.
Apropos Vertrauensbruch: Auch wenn Diagnosen wie
- AD(H)S,
- Autismus,
- Borderline,
- Burnout,
- Depressionen
- oder Traumafolgestörungen
in der BDSM-Community zum Glück zunehmend offen angesprochen werden, ist Transparenz weiterhin essenziell. Nur durch einen offenen Umgang mit mentaler Gesundheit kann verhindert werden, dass der Top ungewollt zur Projektionsfläche für Selbstbestrafung oder emotionale Kompensation wird.
Und nicht zu vergessen: Ein solcher ehrlicher Austausch fördert auf lange Sicht die partnerschaftliche Intimität, was auch
die emotionale Stabilität und Intimität innerhalb einer BDSM-Beziehung stärkt.
Strategien zur Lösung toxischer Verhaltensweisen zwischen Tops und Bottom
Auch in schwierigen Situationen kann man ohne eine ehrliche Kommunikation und echtes Interesse an den Bedürfnissen sowie Grenzen des Gegenübers langfristig wenig erreichen. Ein respektloses, scheinbar komplett grenzenloses Verhalten ist bei einer nicht unerheblichen Zahl von Bottoms oft Ausdruck von Unwissenheit oder Übereifer. Trotzdem lohnt es sich – möglicherweise durch einen externen, neutralen Denkanstoß – zu hinterfragen, ob man sich wirklich so darstellen möchte.
Ein höflich und konstruktiv formuliertes Gespräch erzielt dabei oftmals die größte Wirkung. Idealerweise vermeiden Tops unnötige Grundsatzdiskussionen über das Thema Höflichkeit. Diese sind wenig zielführend, wenn beide Seiten die Contenance verlieren.
Im Sinne einer guten Aftercare kann es sich jedoch als absolut sinnvoll erweisen, auch Gespräche über Grenzen zu führen – und zwar nicht nur über die des Bottoms, sondern ebenso über jene des Tops. So erhalten Bottoms ein besseres Verständnis dafür, dass BDSM keine Einbahnstraße ist, sondern ein konsensuelles Wechselspiel von Vertrauen und Verantwortung.
Außerdem hat jeder Top das Recht, selbst von einem
Safeword Gebrauch zu machen oder bestimmte Spielarten komplett auszuschließen – zumindest vorübergehend –, wenn ihm diese nicht sicher oder sinnvoll erscheinen. Letztlich entscheiden Top und Bottom einvernehmlich über den grundsätzlichen Handlungsspielraum - und auch, wie sie diesen eventuell später anpassen können.
Merke also? Es kommt entscheidend auf
gegenseitige Verlässlichkeit und das entsprechende Vertrauen an, die nicht nur erwünscht, sondern auch von beiden Seiten aktiv gelebt werden. Denn diese Faktoren bilden die letztlich die stabile Basis für eine gesunde, funktionierende BDSM-Beziehung.