Als Flagellation bezeichnet man die körperliche Züchtigung oder Bestrafung durch Peitschenhiebe oder Geißelung. Letztere kennt man in Form der Selbstgeißelung unter anderem von strenggläubigen Christen; im BDSM setzt man sie jedoch vorrangig zur einvernehmlichen sexuellen Befriedigung ein. In der englischen Übersetzung nennt sich die Praktik ‚Flagellation‘ oder auch ‚Flagging‘.
Was ist Flagellation?
Mit dem Begriff Flagellation bezeichnet man das Zufügen von körperlichen Schmerzen mithilfe von Peitschen, Ruten oder einem Stock. Der damit verbundene Akt lässt sich in verschiedenen Zusammenhängen, zu denen unter anderem die
- die Geißelung oder Selbstgeißelung in verschiedenen Religionen (etwa als Buße für Sünden oder zur stärkeren Verbindung zur Religion),
- oder die Lust am Lustschmerz (in diesem SM-Zusammenhang bezeichnet man die Flagellation als Flagellantismus)
gehören können.
So oder so ist diese Praxis nicht unumstritten, zumal man sie in diversen Zusammenhängen fraglos als gewalttätig und potenziell schädlich ansehen kann. Insofern überrascht es nicht, dass viele Menschen eine Vorliebe für diese Form der Schlagspiele negativ bewerten. Einstufungen wie ‚brutal‘ und ‚gefährlich‘ für den aktiv-schlagenden Part und zumindest als ‚gestört‘ oder ‚pervers‘ für den passiven Konterpart inklusive. Die Vorstellung von "Perversion" ist dabei häufig mit Tabus und gesellschaftlichen Ängsten in Bezug auf Sexualität und Macht verknüpft. De facto sollte der Flagellantismus wie andere
BDSM-Praktiken auch aber immer auf
- Vertrauen,
- Kommunikation,
- gegenseitigem Respekt innerhalb dieser Beziehungen,
- technischem Können und
- medizinischen Kenntnissen
beruhen. Zudem ist Einvernehmlichkeit das A und O, in dessen Zusammenhang unter anderem der
Paragraph 228 StGB zu nennen ist.
Welche Werkzeuge eignen sich dafür?
Wer Flagellantismus praktisch erleben möchte, kann man sich dafür an den verschiedensten
Schlagspielzeugen bedienen. Was genau dafür infrage kommt, hängt in der Regel von den persönlichen Vorlieben und dem gewünschten Intensitätslevel ab. Zu den gängigsten Instrumenten gehören Peitschen, die aus verschiedenen Materialien wie Leder, Gummi oder Seilen bestehen können. Aber auch Flogger, die aus mehreren Lederstreifen bestehen und eine weichere Sensation bieten, sind sehr beliebt.
- Gerten,
- Paddles
- oder sogar Rohrstöcke
dagegen eignen dann am besten, wenn man besonders intensive
Schlagspiele plant.
Was genau man dabei verwendet, hängt jedoch auch von der angepeilten Körperregion ab. Schwerwiegende Verletzungen sollte man dabei ohnehin immer vermeiden. Und damit wären wir schon beim nächsten Aspekt …
Welche Körperbereiche darf man ins Spiel einbeziehen?
In die erotische Flagellation kann man verschiedene Körperbereiche einbeziehen, wobei man einige Sicherheitsvorkehrungen beachten sollte.
Als Faustregel gilt: Mit Muskeln oder Fett geschützte Regionen sind am besten zu bespielen.
Besonders beliebt sind daher fraglos
- Gesäß,
- Beine
- und Fußsohlen (Stichwort Bastonade).
Das hat verschiedene Gründe Einerseits sind diese Bereiche empfindsam, andererseits ist die Flagellation hier relativ gesundheitlich ungefährlich. Mehr Informationen dazu, warum man wohin (nicht) schlagen sollte, haben wir zudem im Artikel
Rohrstock zusammengefasst.
Wer begeistert sich für Flagellantismus?
Genaue Werte bezüglich der Anzahl der Flagellantismus-Anhängerin liegen zwar nicht vor; dennoch kann man anhand der Schlagwerkzeug-Verkaufszahlen von einem Wert im Millionenbereich ausgehen. Wobei allerdings festzuhalten ist, dass die Flagellation selbst im BDSM- und Fetischkontext eher Bestandteil eines umfassenderen erotischen Spiels ist und weniger für sich allein steht.
Außerdem gibt es neben all jenen aktiven und/oder passiven Flagellationsfans noch einen (wahrscheinlich deutlich größeren) Personenkreis, der den eigenen Kick aus der Beobachtung zieht. Über Schlagspiele zu lesen, sie im Film zu sehen oder sie akustisch wahrzunehmen, kann also auch zu einer sexuellen Erregung führen. Das beweisen unter anderem die folgenden Beispiele …
Welche Beispiele aus Literatur, Kunst, Film und Musik sind bekannt?
Literatur |
Kunst |
Musik |
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Die 120 Tage von Sodom (Marquis de Sade) |
Die Geißelung Christi (Caravaggio) |
Whip it (Devo)
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Justine oder vom Missgeschick der Tugend (Marquis de Sade) |
Die Flagellanten (Pieter Brueghel der Ältere) |
Master and Servant (Depeche Mode)
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Die Geschichte der O (Pauline Réage) |
Die Geißelung
(Antonio Pollaiuolo)
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S&M
(Rihanna)
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Aber nicht nur die Thematik, sondern auch deren jeweiliger Kontext ist bei den Beispielen interessant – und jeweils unterschiedlich gelagert.
- So geht es etwa in den Werken von De Sade um die lustvolle Verbindung von individueller Machtausübung und offener (sexueller) Gewalt. Seine Literatur lässt sich dabei als Ausdruck einer politisch-philosophischen Denkweise verstehen.
- Und auch in Geschichte der O findet sich das Motiv der Lust an der Quälerei durch Flagellation / Flagellatismus. Allerdings steht hier weniger die Gewalt im Vordergrund als vielmehr die freiwillige Unterwerfung der weiblichen Hauptfigur. Diese entwickelt sich zur devoten, masochistisch veranlagten Person, die sich bewusst ausliefert und Schmerz als Mittel sexueller Hingabe begreift.
Bleibt noch die Frage, welche Rolle Flagellation bzw. Flagellantismus in der Religion spielt. Dort stellt sich das Bild wie folgt dar: In klassischen Gemälden wie
Caravaggios Geißelung Christi oder Brueghels
Flagellanten hat die Flagellation vor allem eine religiöse und rituelle Funktion. Die Darstellung zielt weniger auf Erotik als auf Buße, Sühne und spirituelle Hingabe. Dennoch wirken die Bilder oft emotional intensiv – und können unterschwellig auch sexuelle Assoziationen hervorrufen.
Genau umgekehrt ist es bei der Musik als Spiegel moderner BDSM-Fantasien. Auch hier finden sich zahlreiche Anspielungen auf BDSM und Flagellation, etwa in Songs wie
Master and Servant von
Depeche Mode oder
S&M von Rihanna. Diese spielen offen mit Themen wie Dominanz, Lust durch Schmerz und Rollentausch – jedoch ganz klar in einem sexuellen, nicht religiösen Kontext: mal provokant, mal verspielt.
Fazit?
Der Reiz des Flagellantismus liegt im komplexen Zusammenspiel von Schmerz, Lust, Macht und Hingabe. Speziell für viele Menschen mit devoter, submissiver und/oder
masochistischer Veranlagung und ihre Gegenparts bietet er eine Möglichkeit, intensive körperliche Empfindungen mit emotionaler Nähe und erotischer Spannung zu verbinden. Dabei geht es nicht um Gewalt im destruktiven Sinne, sondern um ein kontrolliertes Spiel mit Grenzen – physisch wie psychisch.
Gerade deshalb ist im BDSM-Kontext ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen unerlässlich. Zentrale Prinzipien wie Konsens, Safewords und
Aftercare sorgen dafür, dass alle Beteiligten sich sicher und respektiert fühlen. Ob nach den Grundsätzen von
- SSC (Safe, Sane, Consensual),
- RACK (Risk-Aware Consensual Kink),
- CNC (Consensual Non-Consent)
- oder Metakonsens –
entscheidend ist stets eine offene, ehrliche Kommunikation über Wünsche, Grenzen und Risiken. Denn echter Lustgewinn entsteht nur, wenn alle Beteiligten freiwillig, informiert und achtsam miteinander umgehen.