Das knallt! Rot ist nicht nur intensiv, es steht auch für das Feuer, das kochende Blut, den Kampf, Kraft, Virilität, Liebe und Leidenschaft. Und es wirkt gleichermaßen abschreckend und anziehend. Oder mit anderen Worten: An dieser Farbe kommt man nicht vorbei. Aber warum ist das eigentlich so?
Was macht Rot so beeindruckend? - der Schnellcheck
Tatsächlich gibt es verschiedene Gründe, warum man sich von Rot im wahrsten Sinne des Wortes so geflasht fühlt.
- Zum einen wirkt es kreislauf-, stoffwechsel-, immunsystem- und appetitanregend. Und das sowohl im kulinarischen als auch im erotischen Rahmen.
- Und, was ebenfalls spannend ist: 2015 konnten Wissenschaftler*innen der Universität Regensburg nachweisen, dass rote Objekte Menschen eher in der Erinnerung bleiben als etwa grüne.
Vielleicht aber auch keine Überraschung, da es sich bei Rot um eine der als ersten benannten Farben handelt – man denke an das indogermanische „rudh“, die Bezeichnung für Blut … und da ist bei Rot wirklich die Bezeichnung Programm!
Was muss man aus evolutionsbiologischer Perspektive über diese Farbe wissen?
Im Tierreich (und auch in vielen menschlichen Zusammenhängen) nimmt man Rot als Farbe einer gesteigerten Aggressivität, aber auch der Virilität wahr. Stichworte Genitalien der Makaken- oder Schimpansenweibchen, die durch ihre deutlich erkennbare rote Farbe die Paarungsbereitschaft der Tiere anzeigen. Grund dafür ist die in dieser Phase verstärkte Östrogen-Ausschüttung und der damit verbundene stärkere Blutfluss im Intimbereich. Besonders interessant dabei: Auch bei Frauen kommt es im Zusammenhang mit einer stärkeren Erregung zu einer besseren Durchblutung des Dekolletés und der Wangen, wobei ein
rotes Kleid eine optisch-modische Anlehnung an genau diese Tatsache zustande bringt.
Und was ist mit den Männern? Auch dort gibt es Anlehnungen an die Tierwelt; zumindest legen das die Untersuchungen der Verhaltensbiologin Sarah Pryke von der Macquarie University in Sydney an Prachtfinken nahe. Sie setzte Prachtfinken mit blauen, schwarzen und roten Schopffedern in einen Käfig, in dem ein Futterautomat platziert war. Aber statt sich um das Futter zu streiten, machten die blau- und schwarzbeschopften Vögeln den rotbeschopften stets Platz. Ein Ergebnis, das sich gewissermaßen auch auf
rote Hemden für Männer beim Sport übertragen lässt. Denn auch hierbei erwiesen Forschungen, dass man(n) denkt, dass derjenige, der in Rot spielt, aggressiver und besser sei …
Merke? Rot wirkt – und das ist auch kulturell bedingt
Die Idee hinter Rot als Farbe der Liebe, der Leidenschaft, der Macht und der Autorität ist nicht neu. Außerdem kann es in verschiedenen Kulturen unterschiedlich wirken. Zwei Beispiele gefällig? In China ist es ein farbliches Zeichen des größten Glücks und findet daher gern als Farbe von Hochzeitskleidern Verwendung. In Indien dagegen entspricht es der Farbe der Reinheit. Aber natürlich ist es nicht nur in Asien beliebt … denn schon in der Prähistorie nutzten Jäger vor 40.000 Jahren Farbstoffe aus rotem Ocker für ihre Wandmalereien und die Verzierung ihrer Körper. Die alten Ägypter nutzten es als zeremonielle Farbe und speziell Königinnen und Krieger schminkten als Ausdruck ihrer Verführungskraft und/oder Stärke ihre Lippen rot.
Ein Ausdruck der Stärke war denn auch die rote Körperbemalung der antiken römischen Generäle, die diese zum Zeichen des Sieges nach dem Kampf anlegten. Und auch die Blutopfer bei den Maya, Inka und Azteken sind inzwischen legendär. Apropos legendär: Im mittelalterlichen Europa machte sich Rot als Farbe der Hölle und von Jesus’ Blut einen Namen – und schon bald wurden rote Gewänder (vorrangig in dunklen Tönen wie Bordeauxrot) zum Zeichen der Macht und der Autorität. Und nicht zu vergessen, dass sich Rot als Farbe der Revolutionen (und in diversen Flaggen) ebenfalls einen Namen machte. Doch was ist eigentlich mit …
Rot als Farbe der Sinnlichkeit und der Erotik?
Keine Frage, wenn es um bei
Dessous und Co. um direkt ersichtliche Verführung geht, kann kaum eine andere Farbe Rot das Wasser reichen. Immerhin symbolisiert es das Herz und die
Liebe, aber auch andere starke Emotionen wie Leidenschaft oder Wut.
Ein besonders ausgeklügeltes, wenn auch ziemlich altes Beispiel dafür zeigt die Farbsymbolik im Nibelungenlied der Fassung B in den Strophen 283 und 284: In ihnen wird beschrieben, wie Siegfried kurz vor seinem ersten Aufeinandertreffen an Kriemhild denkt. Er kann sich weder vorstellen, sie für sich gewinnen zu können noch ohne sie zu leben. Darüber erbleicht und errötet er abwechselnd und sieht selbst so liebreizend aus, als wäre er von einem Malermeister entworfen worden und als hätte es niemals einen attraktiveren Helden gegeben - Stichwort die Schönste für den Besten!
Er dâht in sînem muote: >wie kunde daz ergân,
daz ich dich minnen solde? daz ist ein tumber wân.
sol aber ich dich vremeden, sô waere ich sanfter tôt.<
er wart von den gedanken vil dicke bleich unde rot.
Dô stuont sô minneclîche daz Sigemundes kint,
sam er entworfen waere an ein permint
von guotes meisters listen, alsô man im jach,
daz man helt deheinen nie sô schoenen gesach.
Was uns heute vielleicht nicht unbedingt total sexy erscheint, war für die Leser*innen und Zuhörer*innen im Mittelalter aber möglicherweise durchaus
erotisch, nur eben sprachlich dezent verpackt. Und wie der Held endete und was für ein Blutbad sein Tod nach sich zog, ist auch hinlänglich bekannt. Aber das ist, genauso wie das Thema Helden, noch einmal ein ganzes Kapitel für sich …