Kink in Deutschland umfasst eine wachsende Vielfalt an sexuellen Vorlieben wie BDSM, Fetischismus, Swinging und weitere nicht-normative Praktiken. Längst beschränkt sich die Szene nicht mehr auf geheime Clubs oder anonyme Foren, sondern ist zunehmend Teil gesellschaftlicher Diskussionen über Sexualität und Lust. Und auch Studien zeigen in diesem Zusammenhang, dass Kink-Interessen quer durch alle Altersgruppen und sozialen Schichten verbreitet sind. Psychologische Faktoren, regionale Unterschiede und historische Einflüsse prägen das Bild dabei ebenso wie urbane Zentren und ländliche Hotspots. Das Ergebnis? Die folgenden Zahlen, Trends und Strukturen einer facettenreichen Kink- und Fetischkultur in Deutschland.
Kink in Deutschland ist im Kommen: Trends, Zahlen und gesellschaftliche Akzeptanz
Noch vor wenigen Jahrzehnten galten Kink-Praktiken wie
BDSM, Fetischismus oder Swinging als Tabuthemen, die bestenfalls hinter verschlossenen Türen stattfanden.
Heute zeigen aktuelle Studien, dass Kink-Interessen in der deutschen Bevölkerung weitverbreitet sind.
Eine repräsentative Studie ergab, dass etwa 1,4 % der sexuell aktiven Frauen und 2 % der sexuell aktiven Männer in Deutschland im letzten Jahr BDSM-Praktiken ausübten. Betrachtet man Fantasien und einmalige Erfahrungen, liegen die Werte deutlich höher: In einer methodisch anders gelagerten
kanadischen Studie (2017) von Royal und Carpentier, die als vergleichbar mit Deutschland oder auch Belgien gilt, gaben 46,8 % der Befragten an, mindestens einmal BDSM-ähnliche Praktiken ausprobiert zu haben, und 12,5 % tun dies regelmäßig, wenn auch nicht unbedingt jährlich.
Und auch in Deutschland zeigen Online-Befragungen wie in der
GeSiD-Studie, dass „
rough sex“ – also spielerisch-aggressive Praktiken wie Spanking oder Würgen – besonders bei Erwachsenen unter 40 Jahren verbreitet ist. Eine weitere Untersuchung von Herbenick et al. (2017) zeigte zudem, dass 29 % der heterosexuellen Frauen und 49 % der heterosexuellen Männer schon einmal nicht-normative sexuelle Praktiken ausprobiert haben. Apropos Deutschland …
BDSM- und Fetischszene in Deutschland: Community, Events und Hotspots
Die deutsche Kink-Community ist groß, gut vernetzt und in allen Altersgruppen vertreten.
So zählt etwa die Plattform
JOYclub über 6,6 Millionen Mitglieder, denen sie Gruppen, Foren und Eventangebote für BDSM- und Fetisch-Interessierte zur Verfügung stellt.
Zudem sind neben heterosexuellen Personen auch
- bisexuelle,
- polyamore
- und nichtmonogame Menschen
stark vertreten – insbesondere in urbanen Zentren. Berlin gilt als Zentrum der deutschen Kink- und Fetischszene, mit einer Vielzahl an Clubs, Events und einer international bekannten Community. Doch auch Hamburg, München, Frankfurt und Köln haben aktive Szenen mit regelmäßigen Munches,
Kinky Partys und Workshops, in denen sich etwa BDSM Community in Deutschland sehr abwechslungsreich ausleben kann.
In ländlichen Regionen dagegen sorgen Retreats und private Veranstaltungen (Stichwort etwa
Schlosspartys) für diskrete Gemeinschaftserlebnisse bei Swinger und Kink Events in Deutschland.
Wobei dort auch wieder Online-Plattformen wie
ins Spiel kommen, da sie eine clevere Vernetzung und Eventsuche selbst außerhalb der Metropolen ermöglichen.
Die Psychologie von BSM-Praktiken und die Kink-Community: Wohlbefinden, Forschung und Kink-Shaming
Psychologische Studien wie die von
Wismeijer und van Assen (2013) zeigen, dass Menschen mit hoher Offenheit für neue Erfahrungen („Openness to Experience“ im Big-Five-Modell) und einem hohen
Sensation-Seeking signifikant häufiger Interesse an Kink- und BDSM-Praktiken haben.
Entgegen gängiger Vorurteile gibt es aber keine Hinweise darauf, dass Kink-Interessen primär mit Traumata oder psychischen Störungen zusammenhängen, wie unter anderem Richters et al. (2008) gezeigt haben.
Außerdem belegt unter anderem eine
Übersichtsarbeit von Klement, Sagarin und Lee (2017), dassBDSM-Praktizierende keine höheren Raten an psychischen Erkrankungen oder traumatischen Kindheitserfahrungen aufweisen als die Allgemeinbevölkerung – im Gegenteil: Sie berichten oft von höherem Wohlbefinden.
Das wiederum passt zu den Erkenntnissen der langen deutschen Tradition der Sexualwissenschaften, die bis ins frühe 20. Jahrhundert zurückreicht. Denn schon damals setzten sich Pioniere wie
Magnus Hirschfeld, der etwa den Satz
„Die Liebe ist so vielfältig wie die Menschen selbst.“
prägte, früh für die Entpathologisierung sexueller Vielfalt ein. Und doch bleibt Stigmatisierung, speziell in Form von
Kink-Shaming, trotz wachsender gesellschaftlicher Akzeptanz ein Problem. Viele Kinkster halten ihre Neigungen daher immer noch aus Angst vor Diskriminierung im Beruf oder sozialen Umfeld privat. Eigentlich bedauerlich, dass wir in puncto
BDSM und mentale Gesundheit also nicht schon weiter sind.
Vielfalt statt Klischee: Die unterschiedlichen Gesichter der Kink-Community in Deutschland
Denn tatsächlich ist die Kinkster-Szene so vielfältig wie die Gesellschaft selbst. Einige häufige Merkmale haben sich dennoch herauskristallisiert, hier die bekanntesten in der Schnellübersicht:
- Jüngere Erwachsene (unter 40) experimentieren besonders häufig mit Praktiken wie der Kinky Masturbation, während organisierte Szenen wie Swinging eher im mittleren Lebensalter (30–50) angesiedelt sind.
- Menschen mit hoher Offenheit und Sensation-Seeking sind überrepräsentiert.
- Polyamore, nicht-monogame und offene Beziehungen korrelieren oftmals stark mit Kink-Interesse.
- Frauen sind in der deutschen BDSM- und Swingerszene auffällig stark vertreten, und zwar oft auch als Solo-Teilnehmerinnen – ein in dieser Form besonderes deutsches Phänomen.
- Urbanität fördert Kink-Engagement, aber auch in ländlichen Regionen existieren aktive Hotspots mit eigener Kultur und Community-Struktur.
Fazit? Die Zukunft der Kink- und Fetischkultur in Deutschland ist bunt
Kink-Interessen sind in Deutschland weitverbreitet und durchziehen alle Altersgruppen, Geschlechter und sozialen Schichten. Besonders häufig finden sich „besonders kinky“ Menschen unter denen,
- die offen für neue Erfahrungen sind,
- alternative Beziehungsmodelle leben
- und sich aktiv in Communitys einbringen.
Oder mit anderen Worten: Die Szene ist geprägt von Vielfalt, Engagement und einer wachsenden, aber bislang nicht vollständigen gesellschaftlichen Akzeptanz. Es gibt also auch weiterhin noch etwas zu tun … Think kink!
Und was ist mit euch? Wie kinky seid ihr? Gar nicht, etwas oder vollkommen? Und was wünscht ihr euch diesbezüglich in puncto Verständnis und/oder Angeboten für euren kinky Lifestyle? Schreibt uns eure Meinungen und Eindrücke in die Kommentare!