Ich gehöre und gehörte nicht in jeder Hinsicht zu den frühen Vögeln – in Sachen Sex habe ich aber schon als Teenager wenig anbrennen lassen. Deshalb wagte ich mich auch schon mit 18 in einen der damals noch recht kleinen, schmuddeligen Sexshops, um mich über Sextoys für Männer zu informieren. Und tatsächlich habe ich das Geschäft nach einer halben Stunde mit der klassischen, braunen Plastiktüte in der Hand (und Schweißperlen auf der Stirn) wieder verlassen …
Die Auswahl im Sexshop war eher klein
Ein schmuddeliger Laden hinter dem Bahnhof, viel Zigarettenrauch in der Luft und hinter dem Verkaufstresen ein Mann, der wie eine etwas zwielichtig abgerissene Figur aus einem Western von Quentin Tarantino wirkte: Aus heutiger Sicht ist es kaum zu glauben, dass ich in diesem Etablissement damals meine erotische Erfüllung vermutete. Doch größere, angenehmere
Erotik-Stores gab es vor der Jahrtausendwende allenfalls auf der Hamburger Reeperbahn – und die war für mich damals unerreichbar. Außerdem war sogar das recht begrenzte Angebot dieses kleinen Schmuddelladens ein Fenster in eine vollkommen neue Welt für mich:
Sexspielzeug - Vibratoren und Dildos in wenigen Größen und Formen – fast immer in Fleischfarbe oder Rosé, Penispumpen und Analplugs, außerdem ein einziger Masturbator
- Liebeskugeln, Cockringe und aufblasbare Puppen
Reizwäsche
- Dessous wie Nylonstrümpfe, Strapse, Korsetts und Negligés
Pornografische Magazine und Filme
- gedruckte Pornohefte und Sexzeitschriften
- VHS-Kassetten mit Pornofilmen
Kondome
- … in Einheitsgröße und insgesamt sehr kleiner Auswahl
Fetisch-Artikel
- Kleidung aus Kunstleder und Leder, Peitschen, Handschellen und Halsbänder.
Erotische Literatur und Aufklärungsbücher
- Bücher über Frauen- und Männergesundheit, Sexualität, Partnerschaft und Aufklärung.
Außerdem fanden im Foyer des Geschäftes tatsächlich noch zwei
Videokabinen Platz, in denen man(n) nach Geldeinwurf Pornos gucken und wichsen konnte. Das war allerdings teuer – und von
kostenlosem Livecam-Sex wagte damals noch niemand zu träumen.
Große Lust trifft auf knappes Budget
In den 1990er Jahren war nicht nur die Auswahl kleiner und die
Anzahl der Sexshops begrenzt – auch die Preise für Sexspielzeug und Erotikartikel waren höher als heute. Kein Wunder, denn gesellschaftlich waren Sexfilme und Erotiktoys Tabuthemen, über die man Stillschweigen bewahrte. Grund genug für die Händler, auf den tatsächlichen Wert der Produkte noch eine „Schmutzgebühr“ draufzulegen. Hier gab es auch keine Ausnahme, wenn man als Teen Sexspielzeug suchte.
Meine Nervosität kam zu meinem begrenzten finanziellen Spielraum noch erschwerend hinzu: Welches Männerspielzeug für Sex war also schnell greif- und für mich bezahlbar? Dass man(n) mit bestimmten Toys ganz neue Lustpunkte an sich entdecken konnte, war mir noch nicht bekannt, also orientierte ich mich in den (vermeintlich) beliebtesten Bereichen des Ladens.
Wahrscheinlich waren es echte Klassiker, die ich schließlich auf die Ladentheke des rauchenden Cowboys legte: Ein Cockring aus Metall, eine kleine Packung Kondome mit Aroma und ein BDSM-Pornoheft mit
Transfrauen in Latex und Leder wanderten schließlich in die Plastiktüte und wurden mein Einstieg in die Welt der Erotik-Accessoires.
Wo und wie benutzt man die Sexartikel eigentlich?
Auch diese Frage braucht eine Antwort, wenn man, so wie ich damals, noch im Hause der Eltern lebt. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob ich meine damalige Freundin mit dem Einkauf womöglich geschockt hätte – auf die Idee, mit ihr gemeinsam erotisch shoppen zu gehen, wäre ich zu dieser Zeit ganz sicher nicht gekommen. Immerhin hatte ich aber den Mut, sie mit den
Aroma-Gummis zu überraschen und erlebte einen Blowjob der besonders geschmackvollen Art.
Die ersten Erfahrungen mit dem Penisring machte ich allerdings ganz alleine: Mit etwas Hautcreme machte ich ihn geschmeidig, dann glitt er fast von selbst bis hinter meine Hoden. Hier tat er sofort seine Wirkung und sorgte dank Blutstau für ein extrem steifes Glied. Wie gut, dass ich auch das Pornomagazin griffbereit hatte, um hemmungslos zu masturbieren.
Übrigens: Die Kondome habe ich natürlich recht schnell verbraucht. Was aus dem Transenporno geworden ist, weiß ich nicht. Vielleicht lagert er sogar noch in einem Karton im Keller, denn mittlerweile schaue ich
Pornos online. Den Cockring verwahre ich nach wie vor in meiner Sexspielzeug-Schublade. Majo kennt ihn und seine Wirkung aus eigener Erfahrung – die einige Girls und auch manch ein Kerl bereits vor ihr gemacht hat. Qualität mag bei Sexspielzeug damals kein zentrales Thema gewesen sein, doch mit dem
Penisring aus Edelstahl habe ich definitiv einen guten Griff gemacht. Ein Auge für die Wertigkeit gehört deshalb auch im Rückblick zu meinen wichtigsten Tipps für Toy-Einsteiger.